Warum nimmst du mich nicht ernst?

Plötzlich, mitten im Gespräch, bemerkt man: Der Andere versteht mich nicht! Oder will er mich nicht verstehen? Eben haben wir uns doch noch so prächtig unterhalten. Was ist passiert?

Eines Tages fragte ich mich: "Was wäre, wenn es mein eigenes Verhalten ist, dass diese Reaktionen hervorruft?" und stieß auf die Kommunikationsstrukturen der Transaktionsanalyse.


Transaktionsanalyse

Die Transaktionsanalyse (TA) geht auf den kanadischen Psychiater Eric Berne zurück und bezeichnet eine aus der Psychoanalyse abgeleitete Theorie und ein daraus folgendes psychotherapeutisches Verfahren. Die TA geht von der Annahme aus, dass jeder Mensch aus drei verschiedenen Ich-Zuständen heraus reagieren kann, die bereits in der Kindheit entwickelt wurden. Zugrunde liegt folgendes Ich-Zustands-Modell:

  • Eltern-Ich-Zustand: ich fühle, denke und handle so, wie ich es von anderen Autoritätspersonen früher (Eltern) oder gegenwärtig übernommen habe,
  • Erwachsenen-Ich-Zustand: ich fühle, denke und handle, wie ich es in der Ge-genwart nach den Gesichtspunkten der Situation und der Realität selbst be-wusst entschieden habe
  • oder der Kind-Ich-Zustand: ich fühle, denke und handle, wie ich es als Kind auf Grund meiner Lebenssituation unbewusst oder bewusst selbst beschlos-sen habe zu tun.

Das Erleben und Verhalten eines Menschen wird als Ausdruck wechselnder Ich-Zustände aufgefasst, die auf der Kommunikationsebene als Kommunikationsmuster auftauchen.

Nur wenn zwei erwachsene Personen auf der gleichen Kommunikationsebene agie-ren, kann davon ausgegangen werden, dass eine gute Verständigung gelingt.


Bin das ICH?

Hoppla, wird so mancher denken, der sich wieder einmal dabei erwischt hat, wie er in der Gegenwart eines Menschen Schuldgefühle verspürt, ohne das es real einen Anlass dafür gegeben hätte. Was ist passiert? Statt dem Gegenüber als reife, erwachsene Frau zu begegnen, hat uns irgendetwas an dem was er sagte, vielleicht reichte auch schon ein Gesichtsausdruck oder eine Gestik, wieder in der Rolle des kleinen Kindes versetzt.

In solchen Situationen werden die gleichen Gefühle entwickelt, die die jetzt erwachsene Person als Kind in bestimmten Situationen der Vergangenheit empfunden hat. Unbewusst schlüpft sie wieder in ihr altes Verhalten und nutzt deshalb die gleichen Kommunikationsmuster, die sie früher als Kind angewandt hat. Damals als Kind fühlten wir uns vielleicht missverstanden, hilflos oder verlassen, denn Kinder haben weniger Erfahrung und Handlungsmöglichkeiten als Erwachsene und sind deshalb mit vielen Situationen überfordert. Ein Erwachsener hat inzwischen andere Handlungskompetenzen erworben und kann deshalb mit solchen Situationen 'normalerweise' auch anders umgehen.

Manchmal kann es gelingen, durch das Bewusstwerden dieses Spiels „Was läuft hier gerade?“, das Blatt zu wenden, sich auf sich selbst zu besinnen und das Gespräch als erwachsene Frau fortzuführen.

Dieses Spiel funktioniert auch anders herum. Plötzlich befindet sich der Mensch seinen erwachsenen Kindern gegenüber wieder in dem alten Eltern-Kind-Gehabe, obwohl er es eigentlich gar nicht wollte.

Diese seltsame Art des Rollenwechsels in einem Gespräch finden wir in allen Lebensbereichen: im Beruf, gegenüber Freunden oder Nachbarn. Überall wo kommuniziert wird, besteht die Möglichkeit, dass ausgelöst durch einen Spruch oder eine Geste eine Art Zwitsching in die alte Kindrolle oder in die Eltern-Ich-Rolle erfolgt. Bemerken tun wir es selten. Stattdessen wundern wir uns, warum die Kommunikation mit anderen Menschen so schwierig verläuft.


Kommunikation mit Kindern

Ganz besonders interessant wird dieses Verhalten, wenn wir uns den eigenen Kindern gegenüber in einer Kindrolle befinden. Dann dürfen wir erfahren: Wir werden als Eltern nicht ernst genommen. Gleichzeitig lädt die Situationen dazu ein, in ein Machtspielchen mit den Kindern verwickelt zu werden und das nur, weil die uns natürliche Autorität als Eltern abhandengekommen ist.

Wenn wir Kindern oder Jugendlichen auf der Kommunikationsebene eines Kindes begegnen, dann werden wir auch so wahrgenommen, nämlich als Kind.